Kirsten Kötter: Grab des Rentierbesitzers (Fluss), 2011, Steine unter bemaltem Crêpes de Chine und Schamanisches Tagebuch, 1991 / 2011, 70 × 90 cm, Malerei auf Stoff
Konstruieren und konstruieren
Bei der Installation 'Konstruieren und konstruieren' setze ich mich mit den konstruktiven Tendenzen in Kunst und Architektur der Moderne auseinander, insbesondere mit folgenden Begriffen: Konstruktion, Intuition, Architektur, Magie.
Kern der Installation ist ein Text, der eine fiktive Geschichte erzählt (Paul Klee und Josef Albers besichtigen ein ethnologisches Museum). Zu diesem Text gesellen sich weitere Exponate:
- Fotografien, die den Stadtteil Pasila (Helsinki) zeigen, der in zwei Ebenen gebaut ist, und heute als sozialer Brennpunkt gilt
- konstruktive Gemälde
- Objekte aus Stoff und Steinen (Grab des Rentierbesitzers, Als Louise Bourgeois ihren Turnbeutel vergaß)
- Objekte aus Holz (Wächter, Tische nach Popowa).
Kirsten Kötter, Konstruieren und konstruieren, 2011, Text als Einführung für die Ausstellung:
Konstruieren und Konstruieren
Paul Klee, Josef Albers und Simo Järvinen besichtigen Siida, das Museum zur samischen Kultur in Inari. Sie betrachten die ethnologischen Exponate, die Fotos von den steinigen Landschaften, riesigen Flüssen und endlosen Seen und gelangen bis zum so genannten 'Grab des großen Rentierzüchters'.
Bald wendet sich das Gespräch aber wieder den drängenden Fragen ihrer beruflichen Tätigkeit zu. 'Wir konstruieren und konstruieren, und dennoch ist die Intuition noch immer eine gute Sache', sagt Paul Klee. 'Das würde ich anders ausdrücken', sagt Josef Albers, 'wir konstruieren und konstruieren, weil die Intuition eine gute Sache ist.' Beide wandten sich Simo Järvinen zu. 'Was meinst du?', fragt ihn Josef Albers.
Simo Järvinen antwortet nicht sofort. Zuerst geht er näher an das so genannte 'Grab des großen Rentierzüchters' und klopft gedankenverloren an die Glasscheibe, die das wichtige Kulturgut schützt. 'Nun', sagt Simo Järvinen schließlich, 'dieser Widerspruch zwischen Konstruktion und Intuition hat mich mein Leben gekostet – wisst ihr nicht, dass ich am 5. August 1997 Selbstmord begangen habe?'
Paul Klee und Josef Albers schütteln den Kopf. 'Ja, aber so war es', erklärt Simo Järvinen, 'ich konstruierte als Architekt den Stadtteil Pasila. Die Fußgänger gingen über Brücken und Stege. Unten waren der Müll und die Autos.' 'Der Müll, die Stadt und der Tod', murmelt Paul Klee. Simo Järvinen spricht wie in Trance: 'Ich brachte bunte Geländer an. Oben wohnten die Menschen. Aber die Menschen mochten meine Konstruktion nicht.' Paul Klee und Josef Albers schauen verwundert. 'Warum waren sie so unzufrieden?', fragt Josef Albers. 'Sie wollten festen Boden unter den Füßen spüren, nicht so was Modernes, keinen Beton', antwortet Järvinen resigniert.
Josef Albers und Paul Klee schauen schweigend auf den Boden. Vor ihrem geistigen Auge erscheinen moderne Häuser und Möbel. Sie sehen moderne Malerei vor sich. Plötzlich hebt Josef Albers den Kopf: 'Und die Intuition?', fragt er, 'hast du auf deine Intuition gehört?' 'Intuition, ja die Intuition', murmelt Simo Järvinen und verflüchtigt sich.
Kirsten Kötter
Kirsten Kötter: Paradoxes Museum , Katalog 2012 / 2013, 13 Seiten (PDF, 2,38 MB) /
Kirsten Kötter: Paradoxical Museum, portfolio 2012 / 13, 13 p. (PDF, 2,38 MB)